LINKE solidarisch mit georgischer Familie
Der Redebeitrag unserer Landtagsabgeordneten, Anna Gorskih, im Wortlaut.
Ich möchte zuallererst meine größte Anerkennung und Achtung und meinen Dank aussprechen, an alle diejenigen, die als Unterstützer und Unterstützerinnen, Freunde und Freundinnen, Nachbarn und Nachbarinnen der Familie Pareulidze-Gardashvili für sie unternommen haben.
Das, was mich an diesem Fall wütend macht, ist, dass nun Kinder in einem Land sind, dass sie nicht kennen. Kinder, die in Deutschland geboren wurden und mitten in der Nacht gewaltsam aus dem Schlaf und ihrem Leben hier in Meißen gerissen wurden. Diese Kinder finden sich plötzlich in einem fremden Land wieder, das ihnen fremd ist und dessen Sprache sie nicht sprechen.
Beim Gedanken an die dramatischen Bilder jener Nacht, z.B. an das Blut eines Familienvaters auf dem Badezimmerboden oder beim Gedanken an zahlreiche Sprachnachrichten aufgenommen ausgerechnet von den Kindern der Familie – da stockt mir der Atem. Und ich glaube es geht nicht nur mir so. Das war pures Grauen, was die Familie in jener Nacht erleben musste.
Wenn ich dann auch noch höre, dass die Beamten im Einsatz der Familie nicht erlaubten, das ihr zustehende Gepäck mitzunehmen, dass sie arrogant reagieren und die Kinder auslachten und ihnen Handys, Tablets und Sparschweine aus der Hand nahmen dann fehlen mir einfach die Worte.
Es ist jedes Mal aufs Neue schockierend, wie inhuman die Behörden bei Abschiebungen vorgehen und wie dabei das Kindeswohl missachtet und gefährdet wird.
Leider ist der tragische Fall der Familie Pareulidze-Gardashvili eben kein Einzelfall. Sachsen hat mehrere Abschiebungen in wenigen Wochen zu verantworten. Auch Familien aus Pirna, Radebeul und Oschatz hat es getroffen.
Ich bin deswegen froh und dankbar, dass zahlreiche Menschen gegen diese Politik aufbegehren, in der Menschenwürde und Menschenrechte wenig gelten, und ihren Protest wie heute in Meißen laut kund tun.
Ich möchte noch etwas in Richtung der Vertreterinnen und Vertreter der Regierungsfraktionen sagen, die heute hier auch anwesend sind. Ich freue mich, einige bekannte Gesichter aus dem Landtag hier zu sehen. Ich danke Ihnen, dass sie den Protest unterstützen und sich für die abgeschobenen Familien einsetzen. Sie empören sich zu Recht über die unmenschliche Abschiebepraxis. Aber Sie sind an der Regierung und ich appelliere an Sie: Sie können etwas dagegen tun, also bitte tun Sie auch etwas gegen diese unmenschliche Abschiebepraxis!
Auch der längst entlassungsreife Innenminister Roland Wöller muss Konsequenzen ziehen. In mehreren Fällen ignorierte er die Entscheidungen der Härtefallkommission, zog seine unerbittliche Linie durch und ließ Menschen abschieben, obwohl die Kommission sich der Fälle angenommen hat. Die Abschiebungen haben nicht nur Leben zerstört, sie hätten auch in mindestens zwei Fällen nicht stattfinden dürfen. Kindeswohl wurde ignoriert. Wöller hat bewiesen, dass mit ihm eine humane Asylpolitik und damit letztlich auch die Umsetzung der Versprechen aus dem Koalitionsvertrag für Sachsen nicht zu machen sind. Deswegen muss Wöller seinen Platz räumen. Er muss endlich zurücktreten. Er ist als Innenminister schlicht untragbar. Es ist einfach nicht hinnehmbar, dass Familien so terrorisiert werden! Nicht umsonst fordern zahlreiche Menschen: bring back our neighbours, bringt unsere Nachbarn zurück! Und dieser Forderung schließen wir uns hier und heute an.
Ich habe auch eine Bitte an die heute hier Anwesenden. Der Fall der Familie Pareulidze-Gardashvili ist besonders dramatisch. Aber nicht immer ist die Dramatik einer Abschiebung so offensichtlich wie bei den Familien aus Meißen oder Pirna. Häufig finden Abschiebungen außerhalb der Wahrnehmung der Öffentlichkeit statt, sie sind weniger sichtbar. Häufig haben Betroffene auch kein starkes soziales Netzwerk, was sich für sie einsetzt. Deswegen bleiben Sie bitte kritisch, bleiben Sie bitte wütend. Verfolgen Sie, was bei Abschiebungen in Sachsen geschieht. Stellen Sie hier in Meißen und darüber hinaus die Öffentlichkeit, den Protest und den Widerspruch her, die es braucht, um etwas an dieser Praxis zu verändern.
Wir alle können etwas beitragen durch Öffentlichkeit, durch Druck, durch Solidarität mit den Betroffenen, durch finanzielle und Sachspenden. Und nicht zuletzt auch durch Wahlen – indem wir unser demokratisches Grundrecht wahrnehmen und bei Wahlen denjenigen politischen Kräften die Stimme geben, die für eine humane Asyl- und Einwanderungspolitik stehen und die nicht die Menschenrechte und die Menschenwürde mit den Füßen treten.
Auch wir LINKE werden im Parlament und außerhalb weiter dafür kämpfen.