Teil 2: Klimaschutz in einer sozial-ökologischen Marktwirtschaft
Die Ampel-Koalition wirft ihre Schatten voraus. Das Sondierungspapier ist veröffentlicht. Wir wollen unseren Meißner Blickwinkel auf die Teilgebiete der Sondierungsergebnisse werfen. Heute: Teil 2 – Klimaschutz in einer sozial-ökologischen Marktwirtschaft.
Klimaschutz ist das Thema der letzten Jahre. Es wird Zeit, dass wir uns bewusst machen, nicht einfach den Planeten wegwerfen und einen anderen nehmen zu können, sobald dieser eine hier kaputt ist. Die Konsum-Denkweise vieler in dieser Gesellschaft (das alte, kaputte Zeug werfen wir weg und kaufen einfach neu) funktioniert mit unserem Planeten nicht. Deshalb hat dieser Teil im Sondierungspapier auch einen wesentlichen Teil eingenommen. Was darin steht und welche Auswirkungen das auf den Landkreis Meißen haben wird, stelle ich euch heute dar.
Teil 2: Klimaschutz in einer sozial-ökologischen Marktwirtschaft
Im Sondierungspapier steht: Wir sehen es als unsere zentrale gemeinsame Aufgabe, Deutschland auf den 1,5 Grad Pfad zu bringen, so wie es der Pariser Klimavertrag und die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vorgeben.
Etwas anderes wäre ja auch gegen die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts und damit ist der Satz eine reine Phrase. Das 1,5‑Grad-Ziel kann man nur erreichen, wenn man alle Bevölkerungsschichten davon überzeugen kann, klimafreundlich und ‑neutral zu leben. Das wiederum gelingt nur, wenn man auch alle Einkommensschichten mitdenkt. Wer auf dem Dorf lebt, kann sich kein E‑Auto leisten. Nicht primär aus lediglich finanziellen Gründen, sondern gerade aus infrastrukturellen Gründen. Auch Busfahren wird schwierig, wenn dieser nur zweimal pro Tag im Ort Halt macht.
Im Sondierungspapier steht: Wir werden das Klimaschutzgesetz noch im Jahr 2022 konsequent weiterentwickeln und ein Klimaschutz-Sofortprogramm mit allen notwendigen Gesetzen, Verordnungen und Maßnahmen auf den Weg bringen. Alle Sektoren werden einen Beitrag leisten müssen: Verkehr, Bauen und Wohnen, Stromerzeugung, Industrie und Landwirtschaft.
Das könnte starke Auswirkungen auf den Landkreis haben. Ob wir an Feralpi in Riesa und die Schmiedewerke in Gröditz denken oder an Wacker Chemie in Nünchritz und Schaumaplast in Nossen all diese Industriebetriebe sind maßgeblich auf fossile Energien angewiesen. Sie können mit erneuerbaren Energien aktuell nicht so gezielt arbeiten, wie es sich manche vorstellen. Hier braucht es vor allem eines: Fingerspitzengefühl. Dass die Betriebe langfristig umgestellt werden müssen, daran besteht kein Zweifel. Doch ob das mit einem Sofortprogramm möglich ist?
Wie solche Betriebe in Zukunft klimafreundlich und idealerweise ‑neutral gemacht werden ohne dass dabei Arbeitsplätze oder ganze Standorte verloren gehen? Davon steht nichts im Papier.
Im Sondierungspapier steht: Wir wollen dafür sorgen, dass die Kommunen von Windenergieanlagen und größeren Freiflächen-Solaranlagen auf ihrem Gebiet finanziell angemessen profitieren.
Eine gute Sache, die DIE LINKE bereits zur Landtagswahl 2019 gefordert hat. (Siehe Landtagswahlprogramm 2019, Punkt 3.6.1, letzter Absatz) Doch für uns ist klar: Das funktioniert nur mit Beteiligung der Bürger*innen und Verwaltungen vor Ort. Genossenschaften sind hier ein gutes Mittel, um Windenergie auch für Bürger*innen und Kommunen finanziell lohnenswert zu machen. Gleichzeitig ermöglichen sie ein Mitspracherecht bei Standorten und Art der Windkraftanlage.
Gerade Kommunen, in denen viel freie Fläche existiert, könnten hiervon finanziell profitieren können. Käbschütztal und Lommatzsch sind da vorrangig zu nennen. Doch das kleine Wörtchen angemessen lässt einfach zu viel Spielraum, um sich tatsächlich Hoffnung machen zu können. Es bleibt also abzuwarten, inwiefern sich ein solches Gesetz dann tatsächlich auswirken wird.
Denn: Wie und in welcher Höhe Kommunen finanziell angemessen profitieren sollen? Das steht nicht im Papier.
Im Sondierungspapier steht: Zur Einhaltung der Klimaschutzziele ist auch ein beschleunigter Ausstieg aus der Kohleverstromung nötig. Idealerweise gelingt das schon bis 2030.
Das ist natürlich der Knackpunkt. Durch die jahrelange Handlungsfaulheit der vorhergehenden Regierungen stehen wir jetzt an einem Punkt, an dem es nicht mehr ausreicht, dass wir idealerweise bis 2030 aus der Kohleverstromung aussteigen. Wir müssen. Die Wissenschaft ist sich dahingehend weitläufig einig. Wir brauchen daher Fördergelder, die einen Umbau zu ausreichend Strom produzierenden erneuerbaren Energien in den nächsten acht, neun Jahren möglich macht. Gerade Industriebetriebe sind aktuell massiv von fossilen Brennstoffen abhängig. Ohne diese funktionieren die Betriebe nur noch auf Sparflamme, es kommt zu massiven Stellenkürzungen und die Menschen verlieren ihre Perspektive. Gaskraftwerke, die auf klimaneutrale Gase umgebaut werden können, müssen deshalb stärker gefördert werden. Auch das steht im Papier.
Doch wie das geschehen soll? Darüber verlieren die Ampelparteien kein Wort.
Der interessante Teil in diesem Abschnitt ist jedoch folgender:
Im Sondierungspapier steht: Wir wollen Deutschland zum Leitmarkt für Elektromobilität machen und dafür den Ausbau der Ladesäuleninfrastruktur massiv beschleunigen.
Das wird auch notwendig. In Radebeul, der einwohnerstärksten Stadt im Landkreis, gibt es eine Handvoll Ladestationen für Elektroautos. Durch die langen Ladezeiten, sind diese ständig belegt. Die Attraktivität eines E‑Autos nimmt dadurch deutlich ab. Auch die Frage nach der generellen Stromerzeugung für E‑Autos und die Klimafreundlichkeit der Batterien ist eine, die noch zu wenig hinterfragt wird.
Im Sondierungspapier steht: Ein generelles Tempolimit wird es nicht geben.
Hier sehen wir eine klassische FDP-Position. Zwei Parteien, die ein Tempolimit fordern, schaffen es nicht, sich gegen eine Partei durchzusetzen, die es ablehnt. Tempolimit wird es damit nur auf der digitalen Autobahn des Landkreises geben. Im Mobilfunk sowieso. Hauptsache die Autos rollen weiter.
Im Sondierungspapier steht: Im Rahmen klimafreundlicher Mobilität werden wir die Entwicklung intelligenter Systemlösungen für den Individualverkehr und den ÖPNV unterstützen.
Es ist aus Sicht des ländlichen Raumes fast schon skandalös, dass der ÖPNV lediglich in einem Halbsatz erwähnt wird, während alle von klimafreundlicher Mobilität sprechen. Kein Wort zum Ausbau der Dienstleistungen des ÖPNV. Kein Wort zu einer besseren Vertaktung von Buslinien für Menschen im ländlichen Raum. Wenn die letzte Möglichkeit von Meißen nach Großenhain darin besteht, einen Bus zu nehmen, der zum letzten Mal 19:00 Uhr in Großenhain ankommt, wie soll man dann den Bevölkerungsrückgang verhindern? Gerade für Jugendliche im ländlichen Raum ist der ÖPNV das Hauptverkehrsmittel in die nächste große Stadt. Die Sondierungsparteien denken hier viel zu sehr von der Stadt beeinflusst.
Von einem kostengünstigen (besser noch: kostenlosen), gut vernetzten, getakteten und ausgebauten ÖPNV ist im Sondierungspapier keine Rede.