Heute beschließt die Kenia-Koalition im Landtag ihre Kommunalrechtsnovelle. Der kommunalpolitische Sprecher der Linksfraktion, Mirko Schultze, erklärt dazu:

„Für uns bestehen Städte, Gemeinden und Landkreise nicht in erster Linie aus Bürgermeistern, Landräten, Beigeordneten, Dezernenten und Amtsleitern. Sie bestehen aus allen Menschen, die dort leben. Wir verstehen unter kommunaler Selbstverwaltung, dass Kommunalpolitik durchaus von den Bürgerinnen und Bürgern sowie den ehrenamtlichen Stadt‑, Gemeinde- und Kreisräten und nicht nur von den Amtsträgern gestaltet wird. Wir stehen für die Selbstermächtigung der Bürgerinnen und Bürger, sich in ihre eigenen kommunalen Angelegenheiten einzumischen.

Deshalb wollen wir nicht, dass der Erlass einer Bürgerbeteiligungssatzung vom guten Willen des Gemeinderates und des Bürgermeisters abhängt. Es soll in jeder Gemeinde eine solche Satzung geben. Wir wollen auch nicht, dass die Hürde für die Einberufung von Einwohnerversammlungen mit fünf Prozent hinderlich hoch bleibt. Wir fordern eine 1‑Prozent-Hürde. Wir wollen ferner auch nicht, dass Stadträte oder Kreistage nach politischer Opportunität entscheiden, wie hoch das Zustimmungsquorum für Bürgerentscheide ist. Es soll sachsenweit ausreichen, dass 15 Prozent der Bevölkerung in einem Entscheid eine Veränderung verlangen. Nicht zuletzt wollen wir auch nicht, dass die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen eine nette Aufforderung an die Kommunen ist. Wir fordern stattdessen ein Basiswerkzeug, mit dem sie ihre Beteiligung einfordern können.

Es geht uns auch um die Frage, wie die Stadt- und Gemeinderäte, Ortschafts- und Kreisräte arbeiten. Die Koalition hat dort kleine Verbesserungen vorgenommen und dabei sogar einige Vorschläge der LINKEN aufgegriffen (Drucksache 7/4106). Das war richtig und insofern war der Diskussionsprozess auch konstruktiv. Sehr unzufrieden sind wir aber damit, dass die besonderen Interessen von älteren Menschen, Menschen mit Handicap oder mit Migrationserfahrung nicht aufgegriffen werden. Wir fordern kommunale Beauftragte, um diese Defizite zu beheben. Eine wirkliche Blamage droht indes beim kommunalen Wahlalter: Zwei Drittel der 16- und 17Jährigen in der Bundesrepublik können schon heute an Kommunalwahlen teilnehmen, in Sachsen scheitert das an der koalitionären Sturheit. Wenn die Bundesregierung das Europawahlrecht ab 16 umsetzt, dann könnten die jungen Leute 2024 zwar das Europaparlament wählen, nicht aber ihren Gemeinderat.

Fazit: Die Kommunalnovelle enthält nichts Falsches, aber viel Unzureichendes. Wir machen unsere Zustimmung deshalb davon abhängig, ob die Koalition unsere wichtigsten Verbesserungsvorschläge aufgreift, die wir heute im Landtag erneut zur Abstimmung gestellt haben.

 

Hintergrund: Änderungsanträge der Linksfraktion

Wahlalter 16: Drucksache 7/9068

Beteiligungssatzungen: Drucksache 7/9069
Bürgerbegehren und ‑entscheide: Drucksache 7/9070
Beteiligung von Kindern und Jugendlichen: Drucksache 7/9071
Arbeit kommunaler Fraktionen: Drucksache 7/9072
Kommunale Beauftragte: Drucksache 7/9073

Stadtbezirksbeiräte: Drucksache 7/9074
Schutz der Wohnanschrift kommunaler Bewerberinnen und Bewerber: Drucksache 7/9075
Kommunaler Mehrbelastungsausgleich: Drucksache 7/9076